Nach Amoklauf: War Waffenbesitz von Philipp F. Vollzugsdefizit der Behörden?

Deniz Celik

Nach dem Amoklauf mit acht Toten in einem Gebäude der Zeugen Jehovas erklärte die Polizeiführung am Freitag, dass es trotz eines anonymen Hinweises auf eine mögliche psychische Erkrankung von Philipp F. keine rechtliche Grundlage für den Entzug der Waffe oder die Veranlassung einer fachpsychologischen Untersuchung gegeben habe. Die Zweifel an dieser Darstellung werden nach der medialen Berichterstattung über die kruden Thesen, die Philipp F. auf seiner Homepage und in seinem veröffentlichten Buch vertreten hat, immer größer. In seinem Buch schreibt er unter anderem, dass Massenmord im Auftrag des Gottes legitim sei, die Nazidiktatur die Idee des Tausendjährigen Reichs von Jesus habe errichten wollen und die Verfolgung der Juden eine Handlung des Himmels gewesen sei.

Dazu Deniz Celik, innenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft: „Nach den neuesten Erkenntnissen muss die Frage, ob der Amoklauf hätte verhindert werden können, neu gestellt werden. Die auf der Homepage und im Buch vertretenen kruden Thesen zeichnen das Bild eines wirren, religiösen Extremisten. Da zum Zeitpunkt des anonymen Hinweises diese Informationen öffentlich zugänglich waren, hätte eine gründliche Prüfung durch die Waffenbehörde zu dem Ergebnis führen müssen, dass erhebliche Bedenken gegen die persönliche Eignung von Philipp F. zum Besitz einer Waffe vorliegen und gemäß den gesetzlichen Bestimmungen ein psychologisches Gutachten eingefordert werden müssen. Es ist völlig unverständlich, weshalb die Waffenbehörde entweder eine gründliche Prüfung unterlassen hat oder trotz des Wissens um das gefährliche Weltbild von Philipp F. und dem Hinweis auf eine psychische Erkrankung ein psychologisches Gutachten nicht veranlasst hat. Es muss im aktuellen Fall eher von einem Vollzugsdefizit gesprochen werden als von der fehlenden gesetzlichen Handlungsgrundlage. Der Senat muss den Innenausschuss über diese und andere offene Fragen in Bezug auf den Amoklauf vollständig aufklären“.